Allgemeine AngabenDie Dokumentation Obersalzberg ist ein vom Institut für Zeitgeschichte, München - Berlin im Auftrag des Freistaats Bayern konzipierter und betreuter Lern- und Erinnerungsort. Sie bietet im historischen Areal des ehemaligen „Führersperrgebiets“ die Möglichkeit, sich mit der Geschichte des Obersalzbergs und der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ergänzend zu der Dauerausstellung geschieht dies mit Wechselausstellungen, Vorträgen und Veranstaltungen sowie einem umfangreichen Bildungsangebot. Sie genügt hohen fachlichen Ansprüchen, wendet sich aber primär an den historischen Laien. Ihr Ziel ist es, Besucherinnen und Besucher wissenschaftlich fundiert, aber allgemein verständlich über das historische Geschehen zu informieren und Anstöße zur analytischen Verarbeitung zu geben.
laufender Wettbewerb(nicht Gegenstand des hier zu vergebenden Auftrags für die Gestaltung der Dauerausstellung)

Seit ihrer Eröffnung hat sich die Dokumentation Obersalzberg zu einem Besuchermagneten des Berchtesgadener Landes entwickelt. Ging man ursprünglich von 30.000 bis 40.000 Besuchern pro Jahr aus, so kamen in den ersten fünf Jahren nach Eröffnung der Dokumentation im Schnitt jährlich ca. 125.000 Interessierte. Die Zahlen sind seither weiter angestiegen und erreichen nun jährlich zwischen 150.000 und 170.000. Die vorhandenen Platzverhältnisse reichen nicht mehr für diese großen Besucherzahlen aus, sodass der Freistaat Bayern beabsichtigt, die bestehende Dokumentation auf dem Obersalzberg von derzeit ca. 674 m² Gesamtnutzfläche auf 2.493 m² Nutzfläche zu erweitern. Für die neue Dauerausstellung ist eine Gesamtfläche von 800 qm vorgesehen. Derzeit läuft die 2. Phase des offenen zweiphasigen Realisierungswettbewerbsbewerbs für den Erweiterungsbau, die mit der Sitzung des Preisgerichts am 18. September 2014 abgeschlossen wird.

Die räumliche Erweiterung erfordert eine grundlegende Überarbeitung der Dauerausstellung. Seit der Fertigstellung der Erstkonzeption 1999 haben sich sowohl die internationale Forschung zum NS-Regime als auch die museumsdidaktischen Standards überaus dynamisch entwickelt. Die künftige Ausstellung auf dem Obersalzberg wird an dieser Entwicklung gemessen werden. Aufgrund der sicher zu erwartenden großen nationalen und internationalen, fachlichen und medialen Aufmerksamkeit, die eine neu konzipierte Dokumentation auf sich ziehen wird, ist eine besonders sorgfältige und in jeder Hinsicht dem „state of the art“ entsprechende Anpassung erforderlich.
Gegenstand der BeauftragungGegenstand der Beauftragung ist die Gestaltung der neuen Dauerausstellung. Hierfür sind als Leistungen die Grob- und Feinkonzeption der Gestaltung, die Entwurfs- und Ausführungsplanung, die Vorbereitung der Vergabe und die Mitwirkung bei der Vergabe, die Überwachung, die Bauleitung und die Dokumentation zu erbringen. Mit „Gestaltung“ sind sowohl die Ausstellungsarchitektur als auch die technische Planung der Ausstellungsmedientechnik und der Ausstellungsbeleuchtung gemeint. Ebenfalls Gegenstand der Beauftragung ist die Konzeption, die Gestaltung und Produktion der ausstellungsbegleitenden Medien sowie die grafische Gestaltung.

Grundlage der weiteren Arbeit an der Dauerausstellung wird das vom IfZ zu erstellende Konzept und „Drehbuch“ sein. Da die Arbeiten an der Neukonzeption der Dauerausstellung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch am Anfang stehen, können im Rahmen dieses Vergabeverfahrens zwar schon die Grundlinien der künftigen Dauerausstellung benannt), jedoch noch kein Drehbuch vorgelegt werden. Das vom IfZ zu erstellende „Drehbuch“ soll ebenso wie die Planung der künftigen Ausstellungsräume durch den Architekten in enger Abstimmung mit dem Ausstellungsgestalter erfolgen.
Gefordert wird die gestalterische Umsetzung der Ausstellungsinhalte in enger Zusammenarbeit mit dem Ausstellungsteam des IfZ und unter der Berücksichtigung ausstellungsdidaktischer und konservatorischer Vorgaben. Sowohl beim Gesamtdesign der Ausstellung es auch innerhalb der jeweiligen Kapitel gilt es, die aktuellen Forschungstendenzen und wissenschaftlichen Erkenntnisse mit den neueren und neuesten museumspädagogischen und didaktischen Entwicklungen in Einklang zu bringen und geeignete Darstellungsmodi auszuarbeiten.

Fest steht, dass neben sogenannter Flachware (Fotografien, Dokumente, Plakate, Karten, Grafiken) in der Art der Präsentation inszenatorische Aspekte und dreidimensionale Objekte stärker in die Ausstellung einbezogen werden sollen, als das bisher erfolgen konnte. Die Ausstellungsgestaltung soll eine anregende Präsentation der Exponate (dreidimensionale Objekte, Fotografien, Dokumente, Plakate, Karten, Grafiken etc.) und ein breites interaktives Angebot mit einem gesteigerten Einsatz multimedial gestützter Vermittlungsformen (bewegte Bilder, Hörstationen, EDV gesteuerte Interaktionsangebote etc.) gewährleisten. Ein umfassendes Medienkonzept sollte den themengerechten Einsatz der multimedialen Vermittlungsformen darlegen, die verschiedenen Altersgruppen innerhalb der Besucherschaft berücksichtigen und dafür Sorge tragen, dass durch den gezielten Einsatz interaktiver Elemente aus dem Besucher der Dokumentation ein „Benutzer“ der Ausstellung wird.

Schließlich ist auch die Zugänglichkeit der Exponate für bestimmte Besuchergruppen als dringende Notwendigkeit besonders hervorzuheben. Das gilt in erster Linie für die Barrierefreiheit als einem wichtigen Bestandteil des Ausstellungskonzeptes. Für Rollstuhlfahrer sind daher Vitrinen unterfahrbar zu konzipieren und Texte und Medienstationen in lesbarer und erreichbarer Höhe anzubringen. Barrierefreiheit muss
Grundlegende KonzeptionsmerkmaleDie Grundlinien der neuen Dauerausstellung bauen einerseits auf dem Bestehenden auf und enthalten andererseits spezifische Neuakzentuierungen und Überarbeitungen, die den fachwissenschaftlichen und museumsdidaktischen Fortschritten der letzten beiden Jahrzehnte Rechnung tragen.

Im Mittelpunkt der Dauerausstellung steht zunächst der historische Ort, der „Täterort“ Obersalzberg als einer der Mittelpunkte der NS-Regierung, der als Knotenpunkt die inhaltlichen Fäden der Ausstellung miteinander verknüpfen soll. Von hier aus lassen sich Fenster in verschiedene Richtungen öffnen, die den Blick auf regimetypische Machtstrukturen und Verfolgungszusammenhänge freilegen und einen unmittelbaren Bezug zum NS-Regierungssitz Obersalzberg aufweisen. Neben der Inszenierung des Obersalzbergs durch die Propaganda bilden das Regierungshandeln und die am Berg praktizierten Regierungsstile des NS-Regimes sowie der davon betroffene Alltag – auch und vor allem von Verfolgung und Vernichtung – die Leitfragen der neuen Dauerausstellung.

Fragen nach den Spezifika der Inszenierung und der Machtausübung am Obersalzberg soll unter anderem durch exemplarische Biografien nachgegangen werden. Das gilt sowohl für die vor Ort ansässige oder arbeitende Regimespitze. Das gilt aber auch für Täter und Akteure der mittleren und unteren Funktionsränge sowie für Betroffene und Opfer der NS-Verfolgung. Solche Lebensläufe verknüpfen den Ort Obersalzberg mit den Folgewirkungen, die vom Zweiten Regierungssitz der NS-Regierung ausgegangen sind und verdeutlichen die nationale und internationale Dimension des ehemaligen „Führersperrgebiets“. Eine ähnliche Scharnierfunktion soll auch ausgewählten Orten jenseits des Obersalzbergs zukommen, in denen sich die Folgewirkung der durch die Regimespitze getroffenen Entscheidungen zeigen lässt, aber auch auf Eigendynamiken verweisen lässt, die sich jenseits der Vorgaben der Regimespitze entfalten konnten. Der „Alltag im Schatten des Führers“ lässt sich anhand der Region Berchtesgaden in unmittelbarer Nähe zum Obersalzberg gut veranschaulichen. Weitere ausgewählte Orte und Regionen sollen zudem ebenfalls auf die überregionalen und globalen Wirkungszusammenhänge aufmerksam machen. Sie können auch die biografischen Spuren hervorheben, die die ausgewählten Lebensläufe jenseits des „Führersperrgebiets“ hinterlassen haben. Die Verfolgung, die am Täterort Obersalzberg vorbereitet und entschieden wurde, zeigt sich an NS-spezifischen Tatorten – etwa das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz – besonders deutlich. Ihnen soll daher ein besonderes Augenmerk gelten. Die Trias aus der Geschichte des Obersalzbergs, Biografien und Orten ergibt – nach derzeitigem Stand – folgende Themenbereiche der Dauerausstellung. Nach dem Prolog und dem zentralen Kapitel „Der historische Ort“ (Geschichte des Obersalzbergs bis 1945) widmen sich drei Kapitel den Themen Propaganda, „Volksgemeinschaft“, Außenpolitik und Kriegsführung sowie ein weiterer Themenkomplex der Nachgeschichte, also dem Umgang mit dem historischen Ort 1945; die Ausstellung endet mit einem auf den Prolog bezogenen Epilog.

Die bestehende und bereits in die aktuelle Dauerausstellung integrierte Bunkeranlage ist ein Teilstück des zwischen 1943 und 1945 entstandenen umfangreichen, knapp 22.300 qm großen Bunkersystems auf bzw. unter dem Obersalzberg. Dieser sogenannte Gästehaus- und Platterhofbunker ist seit 1999 in die Dokumentation Obersalzberg als Realexponat integriert. Diese Einbindung als integraler Bestandteil der Ausstellung dient der Entmystifizierung der Bunkeranlage und ist daher auch weiterhin zwingend erforderlich. Damit sie nicht nur als „Anhängsel“ wahrgenommen wird, muss ihre Besichtigung auch weiterhin in den Rundgang der Ausstellung einbezogen werden. Die konkrete – bauliche – Art der Anbindung an die Dauerausstellung ist Bestandteil des Architekten-Wettbewerbs und steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend fest.